Was hat dir am meisten dabei geholfen, die Sucht zu verstehen?
Etwas, das mir eine Frau erklärt hat und auch Ärzte bestätigt haben: Heroin stimuliert dasselbe Gehirnareal wie familiäre Geborgenheit. Wenn man zum Beispiel mit der Familie singend um den Weihnachtsbaum steht und sich total aufgehoben fühlt, ist das dasselbe Gefühl, das einem Heroin gibt. Jemand hat gesagt: „Wenn ich drücke weiß ich, was Liebe ist.“ Wenn man das verstanden hat, begreift man auch, warum jemand in diese Sucht hineinrutscht. Viele Menschen haben diese Gefühle in der Kindheit entweder nicht erfahren oder Schlimmes erlebt. Der Ausweg aus dieser Leere ist dann so einfach: Da ist dieser rote Knopf und wenn ich den drücke, geht’s mir mit einem Schlag gut und ich fühle mich geliebt.
Du möchtest nicht, dass Die Beste aller Welten als „Drogenfilm“ bezeichnet wird. Warum nicht?
Für Adrian war seine Kindheit keine Drogenkindheit und da wir den Film aus seiner Perspektive erzählen, ist es für mich auch kein Drogenfilm. Adrian sagt, er sei auf einem Abenteuerspielplatz aufgewachsen – mit einer Mutter, die ihn abgöttisch geliebt hat. Sie hat für ihn gekämpft wie eine Löwin und manchmal sind halt seltsame Dinge mit ihr passiert. Er hat das nicht anders gekannt und es deshalb nie in Frage gestellt. Wenn die Mama während des Monopolyspielens sieben Mal einschläft, muss man sie halt aufwecken und dann spielt sie auch wieder weiter. Er wusste ja nicht, dass andere Mamas beim Monopolyspielen nicht einschlafen.
Da es Adrians Geschichte ist, sehen wir auch nicht, wie jemand Drogen nimmt – wir sehen zwar Leute kiffen, aber es fließt nie irgendetwas in die Vene. Aus diesen Gründen ist es kein Drogenfilm, sondern eine Liebesgeschichte zwischen Mutter und Sohn. Es geht um den Kampf der Mutter, die ihr Kind liebt, und das Kind liebt zurück. Es geht darum, ob diese Liebe gewinnen wird.
Helga ist also eine sehr starke Frau. Ist es dir bei der Auswahl der Rollen wichtig, facettenreiche Charaktere zu repräsentieren?
Wäre ich Millionärin, klar, dann würde ich nur Rollen annehmen, die ganz wichtige Charaktere sind in Filmen, die ganz große Kinofilme werden. Aber das ist halt auch nicht die Berufsrealität. Ich finde es aber als Schauspielerin nicht verwerflich, alles Mögliche auszuprobieren und mir machen ganz unterschiedliche Rollen Spaß – der Kinofilm genauso wie die RTL-Serie (Magda macht das schon, Anm.).
Die Rolle der polnischen Pflegekraft in der RTL-Sitcom Magda macht das schon ist wirklich ein starker Kontrast zu Helga.
Wobei ich die Rolle nicht angenommen hätte, wenn die Serie voller platter Klischees gewesen wäre. Sebastian Andrae, unser Autor, ist ein wahnsinnig kluger Mensch, Vorstand im Verband der deutschen Drehbuchvereinigung und ein sehr feiner Schreiber. Nichtsdestotrotz war es mir wichtig, nicht Slapstick mit ein paar Sätzen dazwischen zu spielen, sondern einen echten Menschen mit echten Gefühlen. Neben der Comedy gibt’s bei Magda ernste Szenen und Dialoge – zum Beispiel, wenn sie mit ihrem syrischen Freund im Bus sitzt und beide Angst davor haben, ihre Jobs zu verlieren.
 Hattest du selbst Einfluss auf die Darstellung der Magda?
Ja, ich war sehr frei. Mir war es zum Beispiel wichtig, dass Magda so aussieht wie sie aussieht und sich so anzieht wie sie sich anzieht. Viele sagen: „RTL hat das sicher so geplant – hübsch und tiefes Dekolleté!“ Das stimmt so nicht. Das ist zu einem großen Teil auf meinem Mist gewachsen. Beim ersten Casting waren zwanzig oder dreißig Mädels dabei und da waren alle Typen vertreten. Da waren Frauen, die zehn Jahre älter waren als ich oder sieben Jahre jünger, da waren festere Frauen und natürlich Polinnen.
Die Vorgabe beim Casting war, in einem Look zu kommen, in dem man sich Magda vorstellt. Ich hatte außer einem Overall und einer Jogginghose keine Klamotten in der Stadt und habe meine kleine Schwester gebeten, mir etwas zu leihen. Sie hatte ein rosa Sommerkleid und Sandaletten mit Absatz, die habe ich mit weißen Socken kombiniert und bin damit zum Casting. Das hat einfach gut gepasst und deshalb haben wir es so belassen. Was mir wichtig war: Magda zieht sich sexy und ein bisschen verrückt an, weil ihr das so gefällt. Sie mag nun mal High Heels und Glitzer und käme gar nicht auf die Idee, etwas Praktischeres anzuziehen. Das finde ich spannend an dieser Frauenfigur. Im deutschen Fernsehen sind die Frauen meistens für einen Mann sexy oder weil sie in einem gewissen Metier arbeiten. Aber wenn eine sich wirklich mies und sexy anzieht und sagt: „Entschuldigung, mir gefällt das!“, finde ich das cool.